The Secret World - Test
Verfasst: Dienstag 3. Juli 2012, 21:55
The Secret World - Test
The Secret World: Test zum Geheimbund-MMO - wir wagen ein erstes Fazit
The Secret World steht seit dem 3. Juli im Handel, und ist für die Liebhaber von Verschwörungen und gefährlichen Jagden nach dem Unbekannten das gefundene MMO-Fressen - könnte man meinen. Wir haben vorab die Beta-Version von The Secret World unter die Lupe genommen und verraten Euch, was funktioniert - und was nicht.
Seit dem 3. Juli 2012 ist The Secret World offiziell erhältlich, und die Fans von Mysterien, Geheimbunden und Weltverschwörungen lassen das MMO garantiert nicht unbeachtet. Aber wie schaut es in Farbe aus? Reicht das ungewöhnliche Setting aus, um die Spieler bei Laune zu halten? Gibt es genug Quests und Skills? Wieso gibt es eigentlich keine Klassen? Und überhaupt: was hat es denn nun mit Illuminaten, mit Templern und Drachen oder Agartha auf sich?
Wir hatten bereits während der Beta von The Secret World die Chance, das MMO genauer unter die Lupe zu nehmen. Den vollständigen Vorab-Test mit Wertungstendenz findet Ihr im buffed-Magazin 07-08|2012. Wir wollen Euch aber nicht vorenthalten, was unser Eindruck von The Secret World ist, deswegen findet Ihr nachfolgend einen Vorab-Test zum Spiel von Funcom. Warum gibt es nur eine Wertungstendenz? Im Rahmen der Beta wollten wir uns nicht auf ein abschließendes Urteil festlegen, so lange das Spiel noch nicht erschienen ist.
Irgendwie sind die drei Fraktionen von The Secret World ein Sinnbild für den möglichen Weg, den das Spiel nehmen wird. Vielleicht wird es wie die Illuminaten – der mächtige Strippenzieher im Hintergrund, der einer Vielzahl von Auserwählten weltweit die MMO-Erleuchtung bringt. Der "Hintergrund" ist dabei vorbestimmt, denn ganz klar: Eine Wachablösung im MMORPG-Sektor steht mit TSW nicht an. Oder es droht das Schicksal der Drachen, irgendwas Undefinierbares aus Asien, was hierzulande keiner kennt und will. Oder wird es eine Neuauflage der traurigen Geschichte des Templerordens, wenn der missgünstige König Guildwars der Zweite ausreichend Untertanen auf seine Seite zieht und damit den Funcom-Orden vernichtet? Egal wie es ausgeht, auf den Scheiterhaufen gehören alle Vorabzweifel und Sorgen, dass Funcom kein gutes Spiel abliefert, denn genau das haben die Norweger getan.
Keine Klassen?
Habt Ihr Euren Geheimbund gewählt, war es das auch schon beinahe mit der Charaktererstellung. Denn verschiedene Völker gibt es nicht, auch keine Klassen – die bastelt Ihr erst im Spielverlauf zusammen. The Secret World verzichtet auch auf die klassischen Charakter-Stufen. Zwar sammelt Ihr Erfahrung, bekommt dafür aber zweierlei: Skill-Punkte und Anima-Punkte. Mit den Anima-Punkten kauft Ihr diverse Fähigkeiten, passive wie aktive. Dabei existieren keine Grenzen. Genügend Enthusiasmus vorausgesetzt, könnt Ihr alle der über 500 Skills erwerben. Die Fähigkeiten sind in einem Rad angeordnet und Ihr schaltet erst nach und nach die äußeren Ringe der einzelnen Skill-Felder frei. Hier kann man sich spezialisieren, also etwa alles in Schwertkampf stecken oder sich breit aufstellen. Etwa ein wenig Magie hinzufügen oder den Umgang mit Feuerwaffen aller Couleur erlernen. Überschneidungen sind dabei nicht nur nett, sondern nahezu notwendig. Ein versierter Tank etwa braucht sowohl Hammer- als auch Schwert-Fertigkeiten.
Die Flexibilität von TSW ist in diesem Punkt hoch. Denn obwohl das Spiel auf die klassische Rollenverteilung in Fünfergruppen setzt (Tank, Heiler, Schadensausteiler), sind keinem Spieler diese Rollen dauerhaft zu Eigen. "Umskillen" ist jederzeit möglich, Ihr zieht einfach die entsprechenden Skills in die Schnellzugriffsleiste, tauscht ein paar Ausrüstungsgegenstände und schon ist der Tank ein Heiler. Praktisch: Diese Skillungen lassen sich inklusive Ausrüstung abspeichern und per Knopfdruck aufrufen. Im Großen und Ganzen also ein gutes System, das zum Experimentieren anregt, auch wenn bestimmt bald schon Ideal-Kombinationen auftauchen werden. Wer es lieber einfach mag, kann sich vorgefertigte Decks der Programmierer anschauen, dann wird im Skill-Rad markiert, wohin Ihr Punkte packen müsst.
Und keine Stufen?
Also, wirklich kein Level-Aufstieg – dann kann man doch vom Startgebiet schnurstracks zum Endboss laufen und ihn umboxen, oder? Nein, denn die eigentlichen Skill-Punkte stellen den Charakterfortschritt dar. Hier schaltet Ihr (immer teurer werdend) die allgemeine Beherrschung bestimmter Gegenstände frei. Jede Waffe und alle Talismane (das Pendant zu Rüstungen; dazu später) haben einen "QL"- Qualitätslevel. Um nun beispielsweise einen größeren Talisman der dritten Stufe tragen zu dürfen, müsst Ihr diesen Level erst freikaufen. Das verstärkt nebenbei auch Euren Charakter, sorgt zum Beispiel passiv für mehr Schaden oder Lebenskraft. Und anhand dieser verteilten Punkte lässt sich auch die Kraft eines Charakters einschätzen, für den Dungeon "Hell Raising" etwa gilt der QL von fünf als Minimum.
Darunter hindert Euch zwar niemand, den Schreckenshort zu betreten, aber Euer Charakter wird bös' vermöbelt. Immerhin, im Gegensatz zu vielen anderen MMORPGs könnt Ihr es zumindest versuchen, denn das verhasste "Verfehlt" erscheint dank fehlender Charakter- und Monster-Lvel nie auf dem Bildschirm. Wer es wie Muhammed Ali hält, kann den Boss wie ein Schmetterling umschweben und immer wieder Nadelstiche setzen. Liegt die Kreatur dann im Staub, wird um die Beute gewürfelt, ganz klassisch.
Kleider machen… gar nichts
Nicht die Klamotten, sondern Waffen und Talismane bestimmen Eure Werte. Beim Kampfwerkzeug ist die Bandbreite groß, vom Zweihandhammer über Pistolen, Schrotflinten oder Sturmgewehre und Schwerter findet Ihr auch drei Arten von Magie-Katalysatoren im Inventar, mit denen Ihr Chaos-, Elementar- oder Blutmagie entfesselt. Waffen sind zudem schön plakativ außen am Charakter angebracht. Begegnet Euch jemand mit Blutmagie-Kat und Sturmgewehr, kann es sich gut um einen Heiler handeln, denn per Gewehr kann man sich selbst und anderen Spielern einen Buff verpassen, der dem Feind mit jeder Attacke Leben klaut und Euch gutschreibt. Auch mal eine Art der Heilung.
Kleidung und Gestalt der Charaktere können hingegen täuschen. Zwar sind die Talismane für die Werte verantwortlich, Einfluss auf Euer Erscheinungsbild haben sie allerdings nicht. Die Cheerleaderin im kurzen Röckchen mit Sonnenbrille mag also ein hervorragender Tank mit hoher Lebenskraft sein und der Typ in robuster Motorrad-Kleidung fällt schneller um als ein italienischer Fußballspieler im Strafraum.
Das führt zu einem hohen Grad an individuellen Stilen der Charaktere, also zu einem bunten Erscheinungsbild. Schicke Templer-Uniformen, Bikini, Anzug, Lederjacke, Schlabberpulli, Band-Shirt – buchstäblich Hunderte, wenn nicht gar Tausende Outfits dürft Ihr Eurem Helden verpassen. Zwar bietet TSW einen Echtgeld-Shop für neue Klamotten, dennoch findet man im Spiel häufig welche. Allein schon, wer eins der vorgefertigten Skill-Decks wie Thaumaturg oder Leibwächter wählt, bekommt dafür ein passendes Kleidungs-Set. Die Trennung von Optik und Werten ist konsequenter als Transmutations-, Transmogrifikations- oder Garderoben-Features und passt zudem viel besser ins moderne Setting.
Geile kleine Welt…
Mit jeder Fraktion beginnt Ihr in einer anderen Metropole: Drachen in Seoul, Templer in London und die Illuminaten in New York. Innerhalb dieser Städte laufen keine Feinde herum, sie bieten jedoch besondere Missionen, in denen auch gekämpft wird. Doch die Hauptkämpfe finden in den acht Zonen statt, die TSW zu Release bietet. Aber Achtung, denn das sind nicht acht unterschiedliche Settings, denn davon gibt's nur drei. So ist etwa Nordamerika in das Örtchen Kingsmouth und den Landstrich der Wilden Küste (Savage Coast, südlich davon) sowie die Blue-Mountain-Region unterteilt. Alles Nordamerika, alles voller Zombies. Das heißt, die grandiose Stephen-King-Grusel-Stimmung des Einsteiger-Orts Kingsmouth schwappt auch zur Savage Coast über. Während Ihr oben vornehmlich den letzten Überlebenden rund um Sheriff Bannerman oder einigen Hippies im Wald helft, absolviert Ihr an der Küste zahlreiche Missionen um eine alte Akademie der Illuminaten.
Ebenso wie Nordamerika, haben auch Ägypten und Transsylvanien eine eigene übergeordnete Handlung. Im Land der Pharaonen will ein bekloppter Kult den Traum eines seit Jahrtausenden verstorbenen Herrschers aufleben lassen (Hollywoods "Die Mumie" lässt grüßen), und in Transsylvanien treffen moderne und klassische Schreckensszenarien aufeinander. Klar, Dracula und seine Blutsauger-Kumpanen sind Klassiker der Horrorgeschichten.
Leider bieten diese Szenarien dann nicht ganz so viel Abwechslung, wie man sie aus anderen Online-Rollenspielen kennt. Dafür überzeugen sie aber mit großartiger Atmosphäre. Die dichten Nebelschwaden in Kingsmouth und viele Rätsel und Quests mit Bibelbezug passen hervorragend nach Neuengland. In Ägypten deutet alles auf die biblischen Plagen hin, wenn Ihr monströse Heuschrecken vor Pyramiden niederstreckt und das düstere Vollmond-Setting von Transsylvanien schreit förmlich Vampire und Friedhof. Ein Fest für Mystery-Freunde.
Erst die Kür?
Der Großteil der Quests gewinnt keinen Kreativ-Blumentopf: Töte, sammle, eskortiere heißt es meist. Dafür sind die Geschichten drum herum sehr gut (deutsch) vertont und ansprechend angelegt, auch wenn Euer Charakter sich stets ausschweigt – Dialoge führt Ihr nicht. Dafür besitzt jede Aufgabe eine kleine Story, die Ihr bei Annahme per Videosequenz erzählt bekommt.
Während diese kurzen Story-Happen schnell abgeschlossen sind, zieht sich eine übergeordnete wie spannende Geschichte (verpackt als Auftrag Eurer Fraktion) wie ein roter Faden durch die Gebiete und leitet Euch von Quest-Hub zu Quest-Hub. Abseits davon werden aber Entdecker belohnt, denn viele NPCs oder Objekte, die eine Aufgabe gewähren, sind in der Wildnis oder verwinkelten Ecken der Städte versteckt. Etwas unglücklich ist die absichtliche Design-Entscheidung der Entwickler, das Quest-Journal auf ein Minimum zu beschränken. Zunächst erscheint es sinnvoll, sich nur mit der aktuellen Quest auseinanderzusetzen, statt nur zu horten und dabei den Überblick zu verlieren. Allerdings nervt diese Beschränkung auch, vor allem wenn man für mehrere Aufgaben durch ein bestimmtes Gebiet marschiert. Hätte man doch lieber gleich alle auf einmal absolvieren können, Synergie-Effekte erfreuen nicht nur Geschäftsführer und VWL-Studenten.
Als wirklich dickes Trostpflaster dafür entpuppen sich die in Quests verpackten Rätsel. Hut ab vor Funcom, dass sie sich trauen, den heutigen MMO-Spielern neben der Monsterschnetzelei auch mal echte Denkarbeit abzuverlangen. Angelehnt an Knobeleien, die einem Dan Brown Ehre machen würden, jagen Euch die Rätselmissionen kreuz und quer durch manches Gebiet, wenn Ihr denn auf die Lösung kommt. Da will ein bestimmtes Haus gefunden, hier ein Computer gehackt und dort ein Schalterrätsel gelöst werden. Dazu sind stets kryptische Hinweise mit starkem Bezug zur Realität (etwa die Webseite einer Firma, ein historisches Ereignis oder eine Geschichte von Edgar Allen Poe etc.) oder Mythologie (Bibel, Prophezeiungen etc.) ausgelegt. Praktisch bei allen Aufgaben: Nach Abschluss greift Euer Held einfach zum Smartphone und gibt die Quest unterwegs ab – so bekommt Ihr übrigens stets Eure Belohnungen. Zwar ist nicht ganz klar, ob die Schrotflinte per SMS oder Email in Euer Inventar gelangt, aber hey, es ist ein Mystery-Spiel!
Die Hölle ist ein Dungeon
Jede der Subzonen bietet eine eigene Instanz – also steht auch hier der Zähler bei acht. Die bereist Ihr in einer Fünfergruppe, Raids gibt's zum Release nicht. Die Gruppen-Spielplätze zählen ohne Wenn und Aber zu den Stärken von TSW. Angenehm wenige Trash-Monster wechseln sich mit Boss-Kämpfen oder großangelegten Encountern ab, wo Ihr dutzende Feinde bekämpft und gleichzeitig beispielsweise mit Meteoriten-Einschlägen konfrontiert werdet.
Alle bisher von uns gespielten Kämpfe waren kurzweilig, das Setting der Instanzen abwechslungsreich. Ein gestrandetes Schiff, ein Forschungslabor, die Hölle – die muss man einfach alle sehen! Selbst mit einer eher unerfahrenen Gruppe ließen sich die Dungeons meistern. Klar, Tank und Heiler sind zwingend notwendig. Wer es schwerer mag, kann die bekannten Instanzen noch mal in zwei deutlich schwereren Modi – Hart und Heroisch – meistern, entsprechend höherwertig fällt die Belohnung aus.
Besonders hervorzuheben ist, dass sich die instanzierten Abenteuer schön in die Geschichte der Region einfügen, quasi den Höhepunkt eines Story-Abschnittes darstellen. Das macht besonders Sinn, da es bei TSW keinen Gruppen-Finder für Dungeons gibt. Wenn aber alle Charaktere einen Dungeon quasi besuchen müssen, fällt es deutlich leichter, eine Gruppe zu finden. Gut auch, dass die Spielerschaft nicht beschränkt ist – ohne Level-Einteilung kann man nie zu hoch für eine Instanz sein; Ausrüstung, Geld und Erfahrung braucht jeder. Ob das allerdings reicht, um immer genügend Spieler zu motivieren, muss die Release-Fassung von TSW zeigen.
Viva la Endgame?
Klar, die Dungeons existieren in härteren Varianten, ein gewisses Maß an Langzeitmotivation ist also da. Auch die riesigen Zonen laden ein, alles abzugrasen. Und mit diversen Weltbossen (auch die meist für Fünfergruppen konzipiert), will Funcom die Spieler zusammenbringen. Das Drei-Fraktionen-PvP ist ebenso vielversprechend, wie das Skill-System genial ist. Wer sich ernsthaft vornimmt, alle der 525 Fähigkeiten freizuspielen, wird vermutlich Wochen bis Monate brauchen. Trotzdem wird man den Eindruck nicht los, dass die Content-Menge zum Release überschaubar ist. Zwar macht Funcom definitiv nicht den Conan-Fehler und liefert eine Welt ohne ausreichend Quests ab – allein schon die ständige und sogar sinnvolle Wiederholbarkeit aller Aufgaben spricht dagegen. Auch was Bugs angeht, scheint TSW zumindest besser dazustehen als der Barbaren-Herrscher seinerzeit. Zudem hat man sich auf die wichtigen Aspekte konzentriert: Spielmechaniken, Quests, PvP und Dungeons. Dabei hat man viele Fluff-Dinge wie Reit- oder Haustiere bislang außen vorgelassen.
Somit liegt der Griff ins Phrasenschwein des Spielejournalismus nahe: Funcom muss schnell nach Release neue Inhalte bringen und vor allem die Community darüber informieren. Denn nur wer sich auf etwas freuen kann, verlängert sein Abo noch ein paar Monate. Die Voraussetzungen sind da, The Secret World hat das Zeug zum Dauerbrenner.
The Secret World - Launch Trailer
Quelle:Buffed
LG
Stefan
The Secret World: Test zum Geheimbund-MMO - wir wagen ein erstes Fazit
The Secret World steht seit dem 3. Juli im Handel, und ist für die Liebhaber von Verschwörungen und gefährlichen Jagden nach dem Unbekannten das gefundene MMO-Fressen - könnte man meinen. Wir haben vorab die Beta-Version von The Secret World unter die Lupe genommen und verraten Euch, was funktioniert - und was nicht.
Seit dem 3. Juli 2012 ist The Secret World offiziell erhältlich, und die Fans von Mysterien, Geheimbunden und Weltverschwörungen lassen das MMO garantiert nicht unbeachtet. Aber wie schaut es in Farbe aus? Reicht das ungewöhnliche Setting aus, um die Spieler bei Laune zu halten? Gibt es genug Quests und Skills? Wieso gibt es eigentlich keine Klassen? Und überhaupt: was hat es denn nun mit Illuminaten, mit Templern und Drachen oder Agartha auf sich?
Wir hatten bereits während der Beta von The Secret World die Chance, das MMO genauer unter die Lupe zu nehmen. Den vollständigen Vorab-Test mit Wertungstendenz findet Ihr im buffed-Magazin 07-08|2012. Wir wollen Euch aber nicht vorenthalten, was unser Eindruck von The Secret World ist, deswegen findet Ihr nachfolgend einen Vorab-Test zum Spiel von Funcom. Warum gibt es nur eine Wertungstendenz? Im Rahmen der Beta wollten wir uns nicht auf ein abschließendes Urteil festlegen, so lange das Spiel noch nicht erschienen ist.
Irgendwie sind die drei Fraktionen von The Secret World ein Sinnbild für den möglichen Weg, den das Spiel nehmen wird. Vielleicht wird es wie die Illuminaten – der mächtige Strippenzieher im Hintergrund, der einer Vielzahl von Auserwählten weltweit die MMO-Erleuchtung bringt. Der "Hintergrund" ist dabei vorbestimmt, denn ganz klar: Eine Wachablösung im MMORPG-Sektor steht mit TSW nicht an. Oder es droht das Schicksal der Drachen, irgendwas Undefinierbares aus Asien, was hierzulande keiner kennt und will. Oder wird es eine Neuauflage der traurigen Geschichte des Templerordens, wenn der missgünstige König Guildwars der Zweite ausreichend Untertanen auf seine Seite zieht und damit den Funcom-Orden vernichtet? Egal wie es ausgeht, auf den Scheiterhaufen gehören alle Vorabzweifel und Sorgen, dass Funcom kein gutes Spiel abliefert, denn genau das haben die Norweger getan.
Keine Klassen?
Habt Ihr Euren Geheimbund gewählt, war es das auch schon beinahe mit der Charaktererstellung. Denn verschiedene Völker gibt es nicht, auch keine Klassen – die bastelt Ihr erst im Spielverlauf zusammen. The Secret World verzichtet auch auf die klassischen Charakter-Stufen. Zwar sammelt Ihr Erfahrung, bekommt dafür aber zweierlei: Skill-Punkte und Anima-Punkte. Mit den Anima-Punkten kauft Ihr diverse Fähigkeiten, passive wie aktive. Dabei existieren keine Grenzen. Genügend Enthusiasmus vorausgesetzt, könnt Ihr alle der über 500 Skills erwerben. Die Fähigkeiten sind in einem Rad angeordnet und Ihr schaltet erst nach und nach die äußeren Ringe der einzelnen Skill-Felder frei. Hier kann man sich spezialisieren, also etwa alles in Schwertkampf stecken oder sich breit aufstellen. Etwa ein wenig Magie hinzufügen oder den Umgang mit Feuerwaffen aller Couleur erlernen. Überschneidungen sind dabei nicht nur nett, sondern nahezu notwendig. Ein versierter Tank etwa braucht sowohl Hammer- als auch Schwert-Fertigkeiten.
Die Flexibilität von TSW ist in diesem Punkt hoch. Denn obwohl das Spiel auf die klassische Rollenverteilung in Fünfergruppen setzt (Tank, Heiler, Schadensausteiler), sind keinem Spieler diese Rollen dauerhaft zu Eigen. "Umskillen" ist jederzeit möglich, Ihr zieht einfach die entsprechenden Skills in die Schnellzugriffsleiste, tauscht ein paar Ausrüstungsgegenstände und schon ist der Tank ein Heiler. Praktisch: Diese Skillungen lassen sich inklusive Ausrüstung abspeichern und per Knopfdruck aufrufen. Im Großen und Ganzen also ein gutes System, das zum Experimentieren anregt, auch wenn bestimmt bald schon Ideal-Kombinationen auftauchen werden. Wer es lieber einfach mag, kann sich vorgefertigte Decks der Programmierer anschauen, dann wird im Skill-Rad markiert, wohin Ihr Punkte packen müsst.
Und keine Stufen?
Also, wirklich kein Level-Aufstieg – dann kann man doch vom Startgebiet schnurstracks zum Endboss laufen und ihn umboxen, oder? Nein, denn die eigentlichen Skill-Punkte stellen den Charakterfortschritt dar. Hier schaltet Ihr (immer teurer werdend) die allgemeine Beherrschung bestimmter Gegenstände frei. Jede Waffe und alle Talismane (das Pendant zu Rüstungen; dazu später) haben einen "QL"- Qualitätslevel. Um nun beispielsweise einen größeren Talisman der dritten Stufe tragen zu dürfen, müsst Ihr diesen Level erst freikaufen. Das verstärkt nebenbei auch Euren Charakter, sorgt zum Beispiel passiv für mehr Schaden oder Lebenskraft. Und anhand dieser verteilten Punkte lässt sich auch die Kraft eines Charakters einschätzen, für den Dungeon "Hell Raising" etwa gilt der QL von fünf als Minimum.
Darunter hindert Euch zwar niemand, den Schreckenshort zu betreten, aber Euer Charakter wird bös' vermöbelt. Immerhin, im Gegensatz zu vielen anderen MMORPGs könnt Ihr es zumindest versuchen, denn das verhasste "Verfehlt" erscheint dank fehlender Charakter- und Monster-Lvel nie auf dem Bildschirm. Wer es wie Muhammed Ali hält, kann den Boss wie ein Schmetterling umschweben und immer wieder Nadelstiche setzen. Liegt die Kreatur dann im Staub, wird um die Beute gewürfelt, ganz klassisch.
Kleider machen… gar nichts
Nicht die Klamotten, sondern Waffen und Talismane bestimmen Eure Werte. Beim Kampfwerkzeug ist die Bandbreite groß, vom Zweihandhammer über Pistolen, Schrotflinten oder Sturmgewehre und Schwerter findet Ihr auch drei Arten von Magie-Katalysatoren im Inventar, mit denen Ihr Chaos-, Elementar- oder Blutmagie entfesselt. Waffen sind zudem schön plakativ außen am Charakter angebracht. Begegnet Euch jemand mit Blutmagie-Kat und Sturmgewehr, kann es sich gut um einen Heiler handeln, denn per Gewehr kann man sich selbst und anderen Spielern einen Buff verpassen, der dem Feind mit jeder Attacke Leben klaut und Euch gutschreibt. Auch mal eine Art der Heilung.
Kleidung und Gestalt der Charaktere können hingegen täuschen. Zwar sind die Talismane für die Werte verantwortlich, Einfluss auf Euer Erscheinungsbild haben sie allerdings nicht. Die Cheerleaderin im kurzen Röckchen mit Sonnenbrille mag also ein hervorragender Tank mit hoher Lebenskraft sein und der Typ in robuster Motorrad-Kleidung fällt schneller um als ein italienischer Fußballspieler im Strafraum.
Das führt zu einem hohen Grad an individuellen Stilen der Charaktere, also zu einem bunten Erscheinungsbild. Schicke Templer-Uniformen, Bikini, Anzug, Lederjacke, Schlabberpulli, Band-Shirt – buchstäblich Hunderte, wenn nicht gar Tausende Outfits dürft Ihr Eurem Helden verpassen. Zwar bietet TSW einen Echtgeld-Shop für neue Klamotten, dennoch findet man im Spiel häufig welche. Allein schon, wer eins der vorgefertigten Skill-Decks wie Thaumaturg oder Leibwächter wählt, bekommt dafür ein passendes Kleidungs-Set. Die Trennung von Optik und Werten ist konsequenter als Transmutations-, Transmogrifikations- oder Garderoben-Features und passt zudem viel besser ins moderne Setting.
Geile kleine Welt…
Mit jeder Fraktion beginnt Ihr in einer anderen Metropole: Drachen in Seoul, Templer in London und die Illuminaten in New York. Innerhalb dieser Städte laufen keine Feinde herum, sie bieten jedoch besondere Missionen, in denen auch gekämpft wird. Doch die Hauptkämpfe finden in den acht Zonen statt, die TSW zu Release bietet. Aber Achtung, denn das sind nicht acht unterschiedliche Settings, denn davon gibt's nur drei. So ist etwa Nordamerika in das Örtchen Kingsmouth und den Landstrich der Wilden Küste (Savage Coast, südlich davon) sowie die Blue-Mountain-Region unterteilt. Alles Nordamerika, alles voller Zombies. Das heißt, die grandiose Stephen-King-Grusel-Stimmung des Einsteiger-Orts Kingsmouth schwappt auch zur Savage Coast über. Während Ihr oben vornehmlich den letzten Überlebenden rund um Sheriff Bannerman oder einigen Hippies im Wald helft, absolviert Ihr an der Küste zahlreiche Missionen um eine alte Akademie der Illuminaten.
Ebenso wie Nordamerika, haben auch Ägypten und Transsylvanien eine eigene übergeordnete Handlung. Im Land der Pharaonen will ein bekloppter Kult den Traum eines seit Jahrtausenden verstorbenen Herrschers aufleben lassen (Hollywoods "Die Mumie" lässt grüßen), und in Transsylvanien treffen moderne und klassische Schreckensszenarien aufeinander. Klar, Dracula und seine Blutsauger-Kumpanen sind Klassiker der Horrorgeschichten.
Leider bieten diese Szenarien dann nicht ganz so viel Abwechslung, wie man sie aus anderen Online-Rollenspielen kennt. Dafür überzeugen sie aber mit großartiger Atmosphäre. Die dichten Nebelschwaden in Kingsmouth und viele Rätsel und Quests mit Bibelbezug passen hervorragend nach Neuengland. In Ägypten deutet alles auf die biblischen Plagen hin, wenn Ihr monströse Heuschrecken vor Pyramiden niederstreckt und das düstere Vollmond-Setting von Transsylvanien schreit förmlich Vampire und Friedhof. Ein Fest für Mystery-Freunde.
Erst die Kür?
Der Großteil der Quests gewinnt keinen Kreativ-Blumentopf: Töte, sammle, eskortiere heißt es meist. Dafür sind die Geschichten drum herum sehr gut (deutsch) vertont und ansprechend angelegt, auch wenn Euer Charakter sich stets ausschweigt – Dialoge führt Ihr nicht. Dafür besitzt jede Aufgabe eine kleine Story, die Ihr bei Annahme per Videosequenz erzählt bekommt.
Während diese kurzen Story-Happen schnell abgeschlossen sind, zieht sich eine übergeordnete wie spannende Geschichte (verpackt als Auftrag Eurer Fraktion) wie ein roter Faden durch die Gebiete und leitet Euch von Quest-Hub zu Quest-Hub. Abseits davon werden aber Entdecker belohnt, denn viele NPCs oder Objekte, die eine Aufgabe gewähren, sind in der Wildnis oder verwinkelten Ecken der Städte versteckt. Etwas unglücklich ist die absichtliche Design-Entscheidung der Entwickler, das Quest-Journal auf ein Minimum zu beschränken. Zunächst erscheint es sinnvoll, sich nur mit der aktuellen Quest auseinanderzusetzen, statt nur zu horten und dabei den Überblick zu verlieren. Allerdings nervt diese Beschränkung auch, vor allem wenn man für mehrere Aufgaben durch ein bestimmtes Gebiet marschiert. Hätte man doch lieber gleich alle auf einmal absolvieren können, Synergie-Effekte erfreuen nicht nur Geschäftsführer und VWL-Studenten.
Als wirklich dickes Trostpflaster dafür entpuppen sich die in Quests verpackten Rätsel. Hut ab vor Funcom, dass sie sich trauen, den heutigen MMO-Spielern neben der Monsterschnetzelei auch mal echte Denkarbeit abzuverlangen. Angelehnt an Knobeleien, die einem Dan Brown Ehre machen würden, jagen Euch die Rätselmissionen kreuz und quer durch manches Gebiet, wenn Ihr denn auf die Lösung kommt. Da will ein bestimmtes Haus gefunden, hier ein Computer gehackt und dort ein Schalterrätsel gelöst werden. Dazu sind stets kryptische Hinweise mit starkem Bezug zur Realität (etwa die Webseite einer Firma, ein historisches Ereignis oder eine Geschichte von Edgar Allen Poe etc.) oder Mythologie (Bibel, Prophezeiungen etc.) ausgelegt. Praktisch bei allen Aufgaben: Nach Abschluss greift Euer Held einfach zum Smartphone und gibt die Quest unterwegs ab – so bekommt Ihr übrigens stets Eure Belohnungen. Zwar ist nicht ganz klar, ob die Schrotflinte per SMS oder Email in Euer Inventar gelangt, aber hey, es ist ein Mystery-Spiel!
Die Hölle ist ein Dungeon
Jede der Subzonen bietet eine eigene Instanz – also steht auch hier der Zähler bei acht. Die bereist Ihr in einer Fünfergruppe, Raids gibt's zum Release nicht. Die Gruppen-Spielplätze zählen ohne Wenn und Aber zu den Stärken von TSW. Angenehm wenige Trash-Monster wechseln sich mit Boss-Kämpfen oder großangelegten Encountern ab, wo Ihr dutzende Feinde bekämpft und gleichzeitig beispielsweise mit Meteoriten-Einschlägen konfrontiert werdet.
Alle bisher von uns gespielten Kämpfe waren kurzweilig, das Setting der Instanzen abwechslungsreich. Ein gestrandetes Schiff, ein Forschungslabor, die Hölle – die muss man einfach alle sehen! Selbst mit einer eher unerfahrenen Gruppe ließen sich die Dungeons meistern. Klar, Tank und Heiler sind zwingend notwendig. Wer es schwerer mag, kann die bekannten Instanzen noch mal in zwei deutlich schwereren Modi – Hart und Heroisch – meistern, entsprechend höherwertig fällt die Belohnung aus.
Besonders hervorzuheben ist, dass sich die instanzierten Abenteuer schön in die Geschichte der Region einfügen, quasi den Höhepunkt eines Story-Abschnittes darstellen. Das macht besonders Sinn, da es bei TSW keinen Gruppen-Finder für Dungeons gibt. Wenn aber alle Charaktere einen Dungeon quasi besuchen müssen, fällt es deutlich leichter, eine Gruppe zu finden. Gut auch, dass die Spielerschaft nicht beschränkt ist – ohne Level-Einteilung kann man nie zu hoch für eine Instanz sein; Ausrüstung, Geld und Erfahrung braucht jeder. Ob das allerdings reicht, um immer genügend Spieler zu motivieren, muss die Release-Fassung von TSW zeigen.
Viva la Endgame?
Klar, die Dungeons existieren in härteren Varianten, ein gewisses Maß an Langzeitmotivation ist also da. Auch die riesigen Zonen laden ein, alles abzugrasen. Und mit diversen Weltbossen (auch die meist für Fünfergruppen konzipiert), will Funcom die Spieler zusammenbringen. Das Drei-Fraktionen-PvP ist ebenso vielversprechend, wie das Skill-System genial ist. Wer sich ernsthaft vornimmt, alle der 525 Fähigkeiten freizuspielen, wird vermutlich Wochen bis Monate brauchen. Trotzdem wird man den Eindruck nicht los, dass die Content-Menge zum Release überschaubar ist. Zwar macht Funcom definitiv nicht den Conan-Fehler und liefert eine Welt ohne ausreichend Quests ab – allein schon die ständige und sogar sinnvolle Wiederholbarkeit aller Aufgaben spricht dagegen. Auch was Bugs angeht, scheint TSW zumindest besser dazustehen als der Barbaren-Herrscher seinerzeit. Zudem hat man sich auf die wichtigen Aspekte konzentriert: Spielmechaniken, Quests, PvP und Dungeons. Dabei hat man viele Fluff-Dinge wie Reit- oder Haustiere bislang außen vorgelassen.
Somit liegt der Griff ins Phrasenschwein des Spielejournalismus nahe: Funcom muss schnell nach Release neue Inhalte bringen und vor allem die Community darüber informieren. Denn nur wer sich auf etwas freuen kann, verlängert sein Abo noch ein paar Monate. Die Voraussetzungen sind da, The Secret World hat das Zeug zum Dauerbrenner.
The Secret World - Launch Trailer
Quelle:Buffed
LG
Stefan